Mittwoch, 14.09.2022 I WIRTSCHAFT IM OSTEN - IMMER MITTWOCHS
Sehr geehrte Damen und Herren,
aktuell ist es schwierig, unsere klassischen Jahresinterviews mit den Ministerpräsidenten und Wirtschaftsministern zu führen, weil angesichts der komplizierten Lage und der sich gegenseitig überlagernden Krisen die Prioritäten zwischen Vorausschau und Tagesaktualität ins Wanken geraten sind. Kaum jemand zweifelt noch daran, dass unserer Volkswirtschaft eine Rezession bevorsteht und damit auch gerade in Ostdeutschland wichtige Errungenschaften der letzten 30 Jahre gefährdet sind. Das ist sicher auch einer der Gründe, weshalb gerade ostdeutsche Ministerpräsidenten die Stimme erheben, wenn es um die aktuelle Energiepolitik, die Transformation der Wirtschaft und die Beziehungen zu Russland geht.
Im bereits Mitte August veröffentlichten Interview mit dem Ministerpräsidenten Sachsen-Anhalts Dr. Reiner Haseloff war zwar der Stolz auf die Ansiedlung von Intel im Raum Magdeburg deutlich zu hören,
„Wir sind als Bundesland froh darüber, im Wettbewerb um die Ansiedlung erfolgreich gewesen zu sein.“
„Letztlich wird die Ansiedlung einen mentalen Umbau einer Großregion, wenn nicht des ganzen Bundeslandes bewirken. Nicht, weil alle bei Intel arbeiten werden, aber die Wertschöpfungskette und die Arbeitsplätze wirken weit in die Gesellschaft hinein …“
aber die Sorge um die künftige wirtschaftliche Entwicklung überwog im Gespräch.
„ In Erwartung kritischer Situationen insbesondere bei Unternehmen, die sehr stark von Erdgas abhängig sind, gibt es bereits Bewegungen am Markt, die die Inflation anheizen und die vor allem durch die Energiepreise verursacht sind.“
„Politisch heißt das für die Bundesregierung, alle Maßnahmen auf ihre Zielführung und Effizienz zu überprüfen. Ist die Wirkung auf Putin stark und wirksam und größer als die negativen Effekte auf unsere Wirtschaft?
„Ich habe große Sorge, weil wir die Entwicklung schlecht extrapolieren können und bisherige volkswirtschaftliche Steuerungsmodelle dafür nicht taugen. Wir müssen das politische Wollen mit dem Machbaren in Übereinstimmung bringen.“
Für die oft beklagte Verwaltung brach Haseloff eine Lanze.
„Sie ist flexibler, als man gemeinhin denkt. Sie setzt nichts anderes um als den Rechtsrahmen, der ihr politisch vorgegeben ist. Wenn dieser verändert wird, kann die Verwaltung auch schneller werden.“
Im aktuellen Interview mit Sachsens MP Michael Kretschmer betont dieser, dass die sächsische Wirtschaft zwar krisenerprobt und anpassungserprobt ist, ...
„Aber klar ist auch: die extrem steigenden Energiepreise sind eine enorme Herausforderung. Die Bundesregierung hat uns hier in eine Richtung geführt, die für Einzelne existenzgefährdend sein kann.“
„Wir hatten zuletzt eine Kostenspirale, die sich in verschiedenen Bereichen unkontrolliert bewegt, so beim Thema Gas. Es ist nicht möglich, für die kommenden fünf bis zehn Jahre ohne russisches Gas in Größenordnungen diese Volkswirtschaft wettbewerbsfähig zu halten.“
„Mancher Grünen-Politiker scheint den Anstieg der Energiepreise billigend in Kauf zu nehmen und zu glauben, dass hohe Energiepreise letztlich für eine Beschleunigung des Strukturwandels sorgen und neue Technologien sich so schneller durchsetzen. Aber das ist ein gefährlicher Irrglaube.“
„Es kann ja nur so sein, dass man entweder aus Unkenntnis oder aus Absicht die Verteuerung der Energiepreise hinnimmt. Und das ist etwas, dass unseren Wohlstand und unsere Sicherheit gefährdet.“
Kretschmer, der immer wieder für seine Einstellung gegenüber Russland kritisiert wurde, bleibt beharrlich.
„Wir haben eine Mehrheitsmeinung in der deutschen und europäischen Politik, dass dieser Krieg, der ein großes Unrecht, ein Verbrechen ist, nur auf dem Schlachtfeld mit dem Sieg der Ukraine zu beenden ist. Das ist nicht meine Position. Ich glaube, dass wir so schnell wie möglich alles dafür tun müssen, um über Verhandlungen zu einem Stillstand kommen. Einfrieren heißt Waffenstillstand, heißt explizit nicht, dass man die Besetzung von ukrainischen Landesteilen als rechtens hinnimmt. Aber es bedeutet ein Ende der Kampfhandlungen, ein Ende des Sterbens in der Ukraine, ein Ende eines Prozesses, der zurzeit die ganze Welt in ein Chaos stürzt.“
Das Thema Fachkräfte spielt auch in Sachsen eine große Rolle.
„Ich halte das Thema Fachkräfte für eines der wichtigsten für die Zukunft Sachsens. Hier wird entschieden, ob dieses Land weiter wachsen kann und zukunftsfähig bleibt.“
Auf das Thema Fachkräftezuwanderung angesprochen, betont er:
„Wir brauchen ein gemeinsames Verständnis in der Sache und eine vernünftige Debattenkultur. Es kann nicht sein, dass gewisse Themen nicht angesprochen werden können. Wir brauchen eine ehrliche Vermittlung von Fakten und nicht die ideologische moralische Überhöhung von Themen. Wir brauchen viele Menschen, die für ihre Interessen streiten. Demokratie kann nur aus der Mitte der Gesellschaft heraus verteidigt und gelebt werden, nicht von den Rändern.“
Intel-Personalchef Bernd Holthaus erklärt in W+M die Gründe für die Standortwahl und beleuchtet die Suche nach Fachkräften. „7.000 Arbeitsplätze allein in der Bauphase, 600.000 Kubikmeter Beton und 16.000 Kilometer Stahlträger, verbaut auf einem Areal von rund 450 Hektar – es ist ein gigantisches Vorhaben, das Intel im Industriegebiet Eulenberg im Südwesten Magdeburgs plant. Ab 2027 sollen die zunächst zwei Halbleiterfabriken ihren Betrieb aufnehmen. Zu den etwa 3.000 Hightech-Jobs, die dadurch entstehen, kommen Zehntausende weitere Stellen bei Zulieferern und Partnern. Dennoch ist das nur der erste Schritt. Langfristig planen wir den Ausbau des Standorts zu einer Megafab mit bis zu acht zusammenhängenden Fabriken.“ Zum Beitrag.
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