Mittwoch, 04.05.2023 WIRTSCHAFT IM OSTEN - IMMER MITTWOCHS
+++ Wie es dem Ostbeauftragten Carsten Schneider geht und welche Themen ihn bewegen +++ Warum Brandenburg ein Land im Aufbruch und Umbau ist +++ Weshalb Polen 2023 nur ein Mini-Wachstum zu erwarten hat +++ Was der ifo-Geschäftsklimaindex Ost März verrät +++ Was die Ansiedlungsbilanz in Sachsen so erfolgreich macht +++ Wieso Agenturen aus MV besser für MV werben können +++ Was Wiesenburger Zukunftsprojekte sind +++ Wie es GK-Software aus Schönebeck geht +++
Ostdeutsche in Führungspositionen sind unterrepräsentiert und das nach über 30 Jahren. Wer das erklären kann, will oder einfach nur möchte hat in jedem Fall die Gerechtigkeit und die mediale Aufmerksamkeit auf seiner Seite. Die Größe der Aufmerksamkeit richtet sich nach der Lautstärke des Vortrags. Leider haben alle Studien, Aufrufe oder Aufschreie der Vergangenheit nichts in der Sache bewirkt. So wird es auch sein, wenn der Hype um den Bestseller des Leipziger Germanistik-Professor Dirk Oschmann „Der Osten: eine Erfindung des Westens“ abgeklungen sein wird. Der Ostbeauftragte Carsten Schneider findet das Thema wichtig, das Buch aber wütend und zu defätistisch. Mich persönlich berührt das Buch unangenehm, eben gerade, weil es vielen Menschen im Osten eine Stimme geben und ihre Lebenserfahrung widerspiegeln will. Ich als Ostdeutscher möchte das nicht, meine Lebenserfahrung ist individueller.
Die Eliten im Osten kamen nach der Wende aus dem Westen und sind geblieben, vermutlich war das in den meisten Fällen auch gut so. Dass das nicht immer so bleiben sollte und muss, steht auf einem anderen Blatt. Da hat der Ostbeauftragte recht, wenn er sagt, dass nun durchaus auch Ostdeutsche dran sind.
Aber: Hat schon mal jemand darüber nachgedacht, dass mancher Ostdeutscher überhaupt nicht Führung und Verantwortung übernehmen will und mit einer Elite nichts am Hut hat? Dass die wendeerfahrenen Generationen eher risikoscheuer daherkommen, wenn schon wieder jemand ihren Alltag transformieren will?
Wem helfen die Ungerechtigkeitsdebatten wirklich?
Hat schon mal jemand darüber nachgedacht, dass sie auch schaden, weil sie die Stimmung verderben, Störenfrieden Futter bieten und Lösungen oftmals lebensfern anmuten?
Auch zu diesem Thema habe ich im Interview mit Carsten Schneider, dem Ostbeauftragten, gesprochen.
"Es ist gescheiter, sich gelegentlich dumm zu stellen, als um jeden Preis leuchten zu wollen." Richard Gerlach, deutscher Zoologe, Schriftsteller und Völkerkundler
W+M Interview Carsten Schneider
Der Ostbeauftragte Carsten Schneider im exklusiven W+M-Interview W+M sprach mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland, Staatsminister Carsten Schneider, über die Arbeit der ersten 16 Monate im Bundeskanzleramt, die Zusammenarbeit von Bund und ostdeutschen Ländern, seinen Kampf für mehr Ostdeutsche in Führungspositionen und die in seiner Verantwortung liegende Entwicklung des Zukunftszentrum Deutsche Einheit und Europäische Transformation in Halle.
Die Position des Ostbeauftragten im Kanzleramt hat viele Vorteile betont Staatsminister Carsten Schneider. So habe
„die Position auch dazu beigetragen, dass es jetzt eine stärkere politische Phalanx der ostdeutschen Bundesländer gibt. Dass wir es geschafft haben, über Parteigrenzen hinweg, gemeinsam mit dem Bundeskanzler die Erklärung von Riems zur Entwicklung Ostdeutschlands zu verabschieden, uns bei der Fachkräfteeinwanderung, dem Ausbau der Erneuerbaren und für den Industriestandort zu positionieren, das ist ein großer politischer Erfolg.“
So groß auch die Vorteile einer kleinteilig aufgestellten Wirtschaftsstruktur sein mögen, die Nachteile überwiegen. Schneider dazu:
„Deshalb ist es auch ein Ziel, dass wir die Herausforderungen der Betriebsübergänge meistern. Die Fachkräftelücke macht sich auch beim Unternehmernachwuchs bemerkbar. Die Herausforderung ist es, Nachfolger zu finden, auch um zu größeren Unternehmen zu wachsen. Wir brauchen mehr Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern, um auf den überregionalen Märkten aktiver werden zu können. Der geringe F/E-Anteil und die Exportquote sind dafür ein Hemmnis.“
Es gibt einen offiziellen Plan für Ostdeutschland – die sogenannte Riemser Erklärung. Sie wurde während der MPK Ost auf der Insel Riems im Juni vergangenen Jahres verabschiedet. Schneider betont:
„Die Riemser Erklärung ist kein Geheimdokument, sondern für jedermann auf der Webseite der Bundesregierung einzusehen. Es ging darum, ein politisches Papier zu entwickeln, das die gemeinsamen Ziele von Bund und ostdeutschen Ländern herausstellt. Die Riemser Erklärung betont das gemeinsame Verständnis für die unterschiedlichen Herausforderungen im Osten. Das betrifft natürlich nicht nur das Gelingen der Energiewende, sondern auch das Thema Fach- und Arbeitskräfte. Gerade in Ostdeutschland haben wir noch Potential bei der Willkommenskultur und auch für ausländische Fachkräfte.“
Die Unterrepräsentanz Ostdeutscher in Führungsfunktionen ist eines der Themen, die auf der Agenda des Ostbeauftragten ganz oben stehen. Das vieldiskutierte Buch von Dirk Oschmann „Der Osten: eine Erfindung des Westens“ kennt auch der Ostbeauftragte und urteilt:
„Es ist ein sehr wütendes Buch. Der Autor gibt vielen Menschen aus dem Osten eine Stimme und versucht, deren Lebenserfahrung widerzuspiegeln. Mir fehlen aber die Lösungsansätze und manches ist mir zu defätistisch. Ich hatte nie ein Problem damit, Ostdeutscher zu sein und dies verheimlichen zu wollen.“
Beim eigentlichen Thema bezüglich der Gleichstellung Ostdeutscher ist Schneider zu keinen Kompromissen bereit:
„… wir suchen hier die Auseinandersetzung. Das ist harter Kampf, denn es geht um die Macht. Ich nehme die jüngere Generation schon so wahr, dass sie auf ihre Gleichbehandlung besteht, deshalb führen sie diese Diskussion um Präsenz sehr direkt. Da Eliten sich immer aus sich selbst rekrutieren, muss man hier eingreifen, auch wenn es zu Verletzungen und Ungerechtigkeiten gegenüber den 2,5 Millionen Menschen führen wird, die zu uns gekommen sind.“
Das Zukunftszentrum Deutsche Einheit und Europäische Transformation wird nach der Bewerbung durch mehrere ostdeutsche Städte in Halle (Saale) gebaut. Carsten Schneider ist verantwortlich dafür, dass nicht nur der Bau des Zentrums, sondern auch die Arbeit in Gang kommt und freut sich für Halle:
„Halle ist ein sehr guter Ort dafür (das Zentrum – die Red.), weil es hier diese Industrietradition neben einer Kunsthochschule Burg-Giebichenstein gibt, weil die Stadt unfertig und lebendig und eben kein Museum ist.“
ifo Geschäftsklima Ostdeutschland: Stimmung im März leicht gestiegen Die Stimmung der ostdeutschen Unternehmen verbesserte sich im März leicht. Der ifo Geschäftsklimaindex für die gesamte regionale Wirtschaft stieg auf 95,4 Punkte, nach 94,8 Punkten im Februar. Die befragten Unternehmen korrigierten ihre Lageeinschätzungen geringfügig nach unten. Gleichzeitig verbesserte sich ihr Ausblick auf die nächsten sechs Monate etwas. (…)
GK Software wächst weiterhin zweistellig bei Umsatz und Ertrag Die GK Software SE aus Schönebeck ist nach vorläufigen Zahlen auch in einem schwieriger werdenden Marktumfeld weitergewachsen. So konnte der Umsatz um 21,21 Mio. Euro oder 16,2 Prozent auf 152,05 Mio. Euro gesteigert werden. Das adjustierte EBIT erreichte 18,64 Mio. Euro (nach adjustierten13,85 Mio. Euro im Vorjahr) und wuchs damit im Vorjahresvergleich um ein Drittel. (…)
Erneut positive Ansiedlungsbilanz – Herausforderungen für Wirtschaftsstandort Sachsen und Exportgeschäft bleiben hoch Trotz eines schwierigen wirtschaftlichen Umfelds konnte die Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS) im vergangenen Jahr erneut 16 Ansiedlungen und Erweiterungen mit einem Volumen von 689,3 Mio. Euro realisieren. Damit wurden 1.265 Arbeitsplätze geschaffen bzw. erhalten. Die regionalen Schwerpunkte der Investoren aus Deutschland, Großbritannien, Finnland sowie Australien und Japan lagen in Leipzig, Dresden, den Landkreisen Mittelsachsen und Meißen sowie in den Strukturwandelregionen Lausitz und dem Mitteldeutschen Revier. (…)
Wiesenburger Zukunftsprojekte stärken Wirtschaftskraft der Gemeinde Zu DDR-Zeiten war Wiesenburg/Mark ein Ort mit viel Industrie. Davon übrig blieben große Areale mit stillgelegten Fabriken. Seit Jahren bemüht sich die Gemeinde gemeinsam mit ihren Bürgerinnen und Bürgern darum, die offenen Nachwendewunden durch Revitalisierung zu heilen. Vieles wird derzeit auf den Weg gebracht – wie die Projekte „Gewerbegebiet Drahtzieherpark“ und „Altes Sägewerk“ sowie die Wohngenossenschaft „KoDorf“ und das Projekt „Alte Hölle und ACZ“. Grundlage für die positive Entwicklung ist die Eigeninitiative der Menschen vor Ort. Dies wird besonders deutlich durch die „Genossenschaft Bahnhof am Park“ mit derzeit 39 Mitgliedern, die den Bahnhof erworben hat. (…)
Sachsen-Anhalts Wirtschaft wächst überdurchschnittlich Ähnlich wie in den anderen ostdeutschen Bundesländern hat sich Sachsen-Anhalts Wirtschaft in 2022 überdurchschnittlich entwickelt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg preisbereinigt um 2,6 Prozent, wie das Statistische Landesamt mitteilte. Damit verzeichnete Sachsen-Anhalt den höchsten Anstieg seit zehn Jahren. (…)
Agenturen aus MV betreuen künftig das Landesmarketing Mecklenburg-Vorpommerns Landesmarketingkampagne „MV tut gut.“ und die Hochschulmarketingkampagne „Studieren mit Meerwert“ werden ab 1. April 2023 von Agenturen mit Sitz in Mecklenburg-Vorpommern betreut. (...)
W+M Exklusive Beiträge
W+M-Länderreport Brandenburg: Ein Land im Aufbruch und Umbau – Teil 1 Kaum eine Woche vergeht, in der nicht der Autobauer Tesla in Grünheide die Politik des Landes mit neuen Schlagzeilen in Atem hält. Tesla steht für den Aufbruch des Landes in ein neues Industriezeitalter. Auf der anderen Seite wird das Ende der Kohleförderung in der Lausitz zur großen Transformationsaufgabe für Brandenburg. Der exklusive W+M-Länderreport erscheint als Serie in drei Teilen. Von Matthias Salm. (…)
04.04.2023 Teil 1: Tesla, Neues Zentrum der Batterieindustrie, Unsichere Zukunft in der Automobilindustrie, Luftfahrtbranche als Exportschlager
11.04.2023 Teil 2: Wichtiger Standort der Bahnindustrie, Wachstum stößt auf Flächenmangel, Ende der Kohleförderung in der Lausitz
18.04.2023 Teil 3: Chemieindustrie vor großen Herausforderungen, Industrie will klimaneutral werden, Filmstandort Babelsberg international begehrt
Mehr als ein Mini-Wirtschaftswachstum ist für Polen 2023 vermutlich nicht drin. Unternehmen kürzen Investitionen. Für deutsche Exporteure gibt es aber einige Lichtblicke. (…)
W+M Veranstaltungen
Einladung zur nächsten W+M-Club-Lounge am 24. Mai 2023, 19:00 Uhr, Berlin Capital Club, Mohrenstraße 30, 10117 Berlin Frank Nehring diskutiert mit dem Fachberater für Unternehmensnachfolge Dr. Joachim Feske zum Thema
Mittelstand retten!
Neue Ideen für die erfolgreiche Unternehmensnachfolge Goldene Zeiten für neue Unternehmer Die zehn häufigsten Stolpersteine bei Unternehmensnachfolgen
Die Club-Lounge ist eine Kooperationsveranstaltung von Wirtschaft+Markt und dem MPW – Forum für Medien, Politik und Wirtschaft im Berlin Capital Club.
Anmeldung:events@berlincapitalclub.de. Teilnehmerbeitrag: 49 Euro inkl. Köstlichkeiten aus Küche und Keller.
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