Mittwoch, 22.02.2023 WIRTSCHAFT IM OSTEN - IMMER MITTWOCHS
+++ Worauf Thüringens MP Bodo Ramelow zurecht stolz ist +++ Wieso in MV Licht und Schatten die Wirtschaft kennzeichnen +++ Was eine sunk-cost-trap ist +++ Was Sie für die digitale Betriebsprüfung vorbereiten müssen +++ Was es mit den LNG-Plänen vor Rügen auf sich hat +++ Wie es der Wirtschaft in Berlin und Brandenburg geht +++ Wie die Tourismusbilanz 2022 für Sachsen ausfällt +++ Welche Koalitionsidee für Berlin in der W+M-Club-Lounge diskutiert wurde +++
der Fachkräftemangel entwickelt sich zu einem Dauerthema, die fast inflationär geführten Debatten darüber haben aber bislang kaum zu konkreten Lösungen geführt. Irgendwie bleibt die Diskussion zu oft an der Oberfläche.
Martin Dulig, Sachsens Wirtschaftsminister, erhofft sich vom vor uns liegenden Jahr, dass
„wir unsere Arbeits- und Fachkräfteprobleme endlich so angehen, dass wir auch den erforderlichen kulturellen und strukturellen Wandel vollziehen. Dafür müssen wir unser Land so aufstellen, dass wir für Zuwanderung attraktiv sind. Dabei zählt immer ein Faktor besonders: Es kommen keine Arbeits- und Fachkräfte nach Sachsen, es kommen Menschen! Menschen mit Familien, Bedürfnissen und Träumen. Es kommen neue Sachsen – die wir willkommen heißen und nicht skeptisch irgendwo isolieren können.“
„Mehr Inklusion und eine stärkere Vollzeitbeschäftigung von Frauen, die insbesondere in der Zeit nach der Wende in Ostdeutschland aufgrund eines Arbeitskräfteüberangebots vermehrt in die Teilzeit gedrängt wurden, sind zwei Wege, die wir gehen müssen. Die größte Notwendigkeit besteht aber in einer gezielten Zuwanderung von Arbeitskräften. Ich persönlich wünsche mir, dass nicht nur die Frage behandelt wird, wo Zuwanderer künftig herkommen, sondern auch, wie unsere Gesellschaft mit ihnen umgeht.“
Neben den gut gemeinten und sicher auch richtigen Gedanken müssen wir uns aber auch fragen, ob die Transformation der Gesellschaft, in der wir leben, nicht die Lösung nach den erforderlichen Arbeitskräften bereits in sich trägt. Die Digitalisierung der Verwaltung, die nicht so recht vorankommt, könnte nicht nur Prozesse maßgeblich beschleunigen, sondern auch den Arbeitskräftebedarf optimieren. Das Bildungssystem mit seiner Effektivität muss auf den Prüfstand, die Wirtschaft braucht alltagsqualifizierten und vor allem motivierten Nachwuchs.
Aber es gibt auch konkrete Aktivitäten, wie die der Unternehmer Fevzi Ilhan und Ozan Mutlu, die mit ihrem Unternehmen KolayBe deutsche Arbeitsgeber bei der Fachkräftegewinnung unterstützen wollen. Doch auch hier braucht es mehr Offenheit, schnellere Bearbeitungszeiten in der Verwaltung und noch einiges mehr.
Im W+M-Interview mit Bodo Ramelow ist der Länderchef Thüringens stolz darauf, wie die thüringische Wirtschaft die aktuellen Krisen meistert.
„Die großen Sorgen, die sich noch im letzten Jahr aufgebaut haben, haben sich glücklicherweise so nicht bestätigt. Im Gegenteil: Thüringen erlebt gerade einen Exportboom, dazu verzeichnet unser Land die niedrigste Arbeitslosigkeit in ganz Ostdeutschland. Es bleiben aber auch weiter große Herausforderungen bestehen wie beispielsweise der Fachkräftemangel und daraus folgend die Anwerbung von Arbeitskräften.“
Aber nicht jedes Problem ist Ergebnis von Krisen, sondern nur durch die Krise deutlicher zutage getreten.
„… es ist auch klar, dass vieles davon auf nicht gemachten Hausaufgaben beruht. Wer denkt, er könne Probleme fortlaufend unter den Teppich kehren, muss aufpassen, nicht irgendwann über den Haufen zu stolpern, der sich dort angesammelt hat. Das zeigt sich am Beispiel der Energiekrise.“
Mit CATL verfügt Thüringen über einen chinesischen Batteriehersteller, der weltweit führend ist. Angesichts der Frage, wie wir uns künftig gegenüber China aufstellen wollen, hält er nichts von einem Rückwärtsgang und betont:
„Ich sehe nicht, warum wir uns von der Kooperation mit China befreien sollten. Die Abhängigkeit vom russischen Gas, in die wir geraten sind, kann hierfür nicht als Grund angeführt werden.“
„ Bei der Zusammenarbeit mit China liegt die Sache aber anders. Wir haben unsere Produktion aktiv und aus eigenem Antrieb dorthin verlagert. Das müssen wir uns selbst vorhalten, wenn es zu Zeiten der Pandemie beispielsweise keinen Maskenhersteller mehr in Europa gab. China hat aus dieser Entwicklung gelernt und uns auf vielen Gebieten überholt. Die nächsten High-Performance-Elektroautos werden beispielsweise meiner Ansicht nach nicht von Tesla, sondern aus China kommen. Deshalb werden wir weiter mit China kooperieren müssen.“
Thüringen ist beim Ausbau der erneuerbaren Energien mit dem Saarland und Sachsen Schlusslicht im Ranking. Auch Ramelow plädiert für eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren, mit der neuen „Deutschlandgeschwindigkeit“ hadert er allerdings:
„Der Bau der LNG-Terminals, von denen der Begriff ja herrührt, ist erst einmal nur ein Einzelfall. Wenn Sie allein sehen, wie viele Ordner Papier ein Windkraftanlagen-Betreiber in eine Behörde tragen muss, dann könnte man spöttisch sagen, die Anlage ist am Ende kleiner als der Papierberg. Daran tragen aber nicht die Behörden und ihre Mitarbeiter die Schuld, die nur die Einhaltung der geltenden Vorschriften überprüfen. Diese Vielzahl an Vorgaben gilt es sinnvoll zu überarbeiten, damit schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren möglich werden.“
LNG-Pläne vor Rügen sorgen für Bedenken Als Teil eines weiteren Flüssigerdgas-Terminals in Vorpommern ist die Errichtung von Importanlagen vor der Küste Rügens vorgesehen, berichtet dpa. MV-Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) regte nun die Prüfung von Alternativen an und sprach von einem “erheblichen Eingriff” in die Natur. (...)
Konjunktur Berlin-Brandenburg: Der Krisenwinter fällt aus – der Aufschwung aber auch Das konjunkturelle Klima ist in Berlin und Brandenburgs zum Jahresbeginn 2023 weniger frostig als noch vor einigen Monaten befürchtet – auch, weil die Wintertemperaturen bisher überdurchschnittlich warm ausfallen und damit Gasmangellagen und Blackouts aus den Risikokalkulationen verschwunden sind. Dennoch ist der Konjunkturklimaindex* weit von einem milden Verlauf entfernt. (...)
Sächsische Tourismusbilanz 2022: Nachfrage steigt deutlich Die sächsische Tourismusbilanz 2022 fällt nach zwei Jahren Corona wieder erheblich positiver aus. Wie die Zahlen des Statistischen Landesamtes bestätigen, lagen die Gästeankünfte und die Übernachtungen wieder deutlich über dem Niveau von 2021. Rund 7 Millionen Ankünfte zählte der Freistaat im letzten Jahr. (...)
Reiner Haseloff: “Halle ist ein ausgezeichneter Standort für das Zentrum.” Die Entscheidung zur Ansiedlung des Zukunftszentrums für Deutsche Einheit und Europäische Transformation in Halle löste in Sachsen-Anhalt große Freude aus. Ministerpräsident Reiner Haseloff betonte: “Halle ist ein ausgezeichneter Standort für das Zentrum” und sicherte zu, dass es nachhaltig in die Wissenschaftslandschaft eingebunden werde. (...)
20 Jahre BWA “Gemeinsam Brücken bauen” Anlässlich des 20. Jahrestages des Bundesverbands für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft BWA sprach Claudia Sünder, die ehemalige Sprecherin des Berliner Senats, mit dem Vorstandsvorsitzenden des BWA Michael Schumann. Dabei ging es um das Verständnis von Wirtschaftsdiplomatie, den Aufstieg Chinas und die Fragwürdigkeit von Sanktionen. (...)
W+M Exklusive Beiträge
W+M-Länderreport Mecklenburg-Vorpommern: Licht und Schatten an der Küste / Teil 2 Die Wirtschaftsbilanz Mecklenburg-Vorpommerns fiel 2022 durchwachsen aus. Einer Erholung im Tourismus und einigen Neuansiedlungen auf der Habenseite standen die Turbulenzen der Werftenkrise gegenüber. Hoffnungsträger der Zukunft soll nun die Wasserstoffwirtschaft werden. Noch herrscht Flaute bei der Windkraft. Die Gesundheitswirtschaft hingegen baut ihre Stellung aus. (...)
Die größten Fehler beim Management des radikalen Wandels/ Fehler 5: In die „Sunk Costs Trap“ hineingetappt In Zeiten des Wandels wird Bewährtes auf den Prüfstand gestellt, weil das bisher erfolgreiche Konzept oder Geschäftsmodell nicht mehr für die Zukunft taugt. Darüber reden wir seit Jahren, ohne uns ernsthaft zu bemühen. Erst in den letzten zwei Jahren begriffen viele, dass es ernst ist und ein Durchmogeln und eine Rückkehr zu alten Zeiten nicht mehr möglich ist. Gebraucht wird der radikale Wandel. Dazu hat Dr. Jens-Uwe Meyer ein Buch geschrieben. Wir veröffentlichen daraus in einer sechsteiligen Serie „Die größten Fehler beim Management des radikalen Wandels“. (...)
Berlin: Neue Wahl – Neue Chance? Vielleicht die ganz große Koalition? Das war das Thema der vergangenen Club-Lounge von Wirtschaft+Markt im Berliner Capital Club. Zu Gast war Lorenz Maroldt, der Chefredakteur des Tagesspiegel, der als ausgewiesener Kenner der politischen Landschaft in Berlin einen interessanten Überblick gab, was den Berlinern nach dieser Wahl bevorstehen könnte. Ein viel diskutierter Vorschlag war die Idee, CDU, SPD und Grüne aufzufordern, eine gemeinsame Koalition für die verbleibenden Monate der Wahlperiode zu begründen. Das Ziel der Koalition auf Zeit wäre dann die Spaltung der Stadt aufzuheben und mit verfassungsverändernder Mehrheit die Verwaltungsreform umzusetzen. Mit einem solchen Neustart könnte Berlin zur nächsten Wahl gestärkt antreten. Die Alternativen sind wahrscheinlicher, aber keineswegs sympathischer. (...)
Einladung zur nächsten Club-Lounge: Tiefgang im geschützten Raum – wie Sie Haltung und Handlung in Ihrer Umgebung „direktwirksam“ verändern können.
Helge Sych im Gespräch mit Daniel Förster und Martin Steiner.
Die Club-Lounge ist eine Kooperationsveranstaltung von Wirtschaft+Markt und dem MPW – Forum für Medien, Politik und Wirtschaft im Berlin Capital Club.
15. März 2023, 19:00 Uhr, Berlin Capital Club, Mohrenstraße 30, 10117 Berlin
Anmeldung:events@berlincapitalclub.de. Teilnehmerbeitrag: 49 Euro inkl. Köstlichkeiten aus Küche und Keller.
W+M Weekly Wenn Sie diesen Newsletter an Freunde schicken möchten, freuen wir uns. Wenn Sie ihn von Freunden erhalten haben, können Sie ihn hier auch direkt bestellen.
Sie haben sich für diesen Newsletter angemeldet. Wenn Sie ihn nicht mehr beziehen möchten, können Sie sich hier abmelden. 2022 - W+M Wirtschaft und Markt GmbH. | Impressum