Wolfgang Tiefensee, Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft in Thüringen, spricht im W+M-Interview über die wirtschaftliche Entwicklung in Thüringen, den Boom der Photonik-Branche und die Ansiedlungserfolge des Freistaats. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung aufgrund der bekannten Umstände im europäischen Maßstab nicht gut ist, sorgt er sich vor allem um die Bauwirtschaft und die energieintensiven Branchen wie etwa die Glasindustrie, die sich mitten in der Transformation befinden. Deshalb befürwortet Tiefensee auch einen Brückenstrompreis, aber: „Einem Brückenstrompreis kann ich zustimmen, wenn gleichzeitig andere Reformen umgesetzt werden. Dazu gehören eine Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Niveau, eine Neuregelung der Netzentgelte, um diese an den Ausbau der erneuerbaren Energien in der jeweiligen Region zu koppeln und ein neues Strommarktdesign. Was ist nicht akzeptiere, ist eine Subventionierung des Industriestrompreises zu Lasten der Bürger oder der kleinen und mittelständischen Unternehmen.“ Andererseits weiß er natürlich auch von vielen guten Entwicklungen zu berichten, beispielsweise von Optik/Photonik sowie der Automobilindustrie. „Thüringen ist auf dem Weg zu einem Opto-Valley: Mit OptoNet, dem Photonik-Netzwerk mit 120 Akteuren aus Industrie, Forschung und Bildung, den guten Verbindungen zum Netzwerk der Thüringer Kunststoffindustrie und den global playern Carl Zeiss und Jenoptik.“ Was die Transformation in der Automobilbranche angeht, sagt er: „ Da bin ich sehr optimistisch, sowohl was das Opel-Werk in Eisenach als auch die Zulieferer betrifft. BMW hat in seinen weltweit größten Werkzeugbau-Standort in Krauthausen bei Eisenach investiert, Mercedes-Benz plant Investitionen bei seiner Tochtergesellschaft in Kölleda. Der Automobilzulieferer Marquardt, der Systeme zur Batteriesteuerung herstellt, erweitert seinen Standort am Erfurter Kreuz, um nur einige positive Beispiele zu nennen.“ Tiefensee verweist gern auf eine Zahl von 290 Investoren, mit denen der Freistaat über eine Ansiedlung verhandelt. Im Interview erläutert er, welche Branchen es konkret betrifft: „Das Spektrum der Unternehmen ist sehr breit gefächert. Das Batteriewerk von CATL entfaltet hier natürlich eine besondere Sogwirkung. Aktuell steht beispielsweise die Ansiedlung eines Unternehmens für das Batterierecycling im Raum. Aber auch Unternehmen aus der Optik, Metallverarbeitung, Kunststoffindustrie oder Ernährungswirtschaft zeigen Interesse am Standort Thüringen.“ Parallel zu Ansiedlungserfolgen wird immer wieder die Gefahr von Abwanderungen heraufbeschworen. Hier warnt Tiefensee vor Übertreibungen: „Die Thüringer Wirtschaft basiert auf kleinen und mittelständischen Unternehmen, die in der Regel standorttreu sind, für die die Frage der Abwanderung sich zumindest nicht sofort stellt. Wir sollten auch keine Horrorszenarien an die Wand malen. Die Politik sollte stattdessen in den Vordergrund rücken, welche Krisen wir in den letzen Jahren gemeistert haben.“ Thüringen hängt beim Ausbau der Wind und Solarenergie deutlich hinterher. Dazu der Minister: „Da bin ich gar nicht zufrieden, denn gerade der Ausbau der Windenergie verläuft in Thüringen weiterhin eher schleppend. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir der Bevölkerung offen und ehrlich verdeutlichen müssen, dass es ein Spannungsfeld gibt: Einerseits soll die Natur unberührt bleiben, frei von Windkraftanlagen und gleichzeitig erwartet die Bürgerschaft niedrige Energiepreise. Wir sollten auch nicht den Naturschutz und die Errichtung von Solar-, Wind- oder Wasserkraftwerken gegeneinander ausspielen. Wir werden nicht erfolgreich sein, wenn uns nicht eine kluge Abwägung von Umweltbelangen und den Erfordernissen der erneuerbaren Energien gelingt." Lesen Sie das ganze Interview im W+M-Onlinemagazin.
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